CETA - Mehr als ein Handelsabkommen?

gestapelte Euromünzen
Quelle: https://pixabay.com/de/münzen-geld-euro-geschäft-handel-361488/, 21.09.2016

Dieser Tage wurde lautstark dagegen protestiert: Das Comprehensive Economic and Trade Agreement - kurz CETA - zwischen Kanada und der Europäischen Union. Es sollten umfassende Handels- und Zollerleichterungen Gegenstand dieses Übereinkommens sein und Europa und Kanada als vernetzte und interagierende Wirtschaftsräume zusammenarbeiten lassen. Obwohl die Verhandlungen zu diesem Abkommen zwischen dem 10. Juni 2009 und dem 26. September 2014 stattfanden, gelang dieses Abkommen erst jetzt in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Grund: Es wird als Testlauf für TTIP gesehen (Anm. d. Red.: Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA). Doch welche Möglichkeiten stecken hinter CETA. Eine differenzierte Analyse.

Erstes Problem: Geheimverhandlungen!

Ja, die Verhandlungen fanden zwischen 2009 und 2014 statt und die Endversion des Vertragsentwurfs wurde von José Manuel Barroso und Herman Von Rompuy unterschrieben. Es liegt also schon einige Zeit auf dem Tisch. Waren die Verhandlungen undemokratisch? Diese Frage ist ein Widerspruch in sich, denn Verhandlungen sind per se nicht demokratisch. Und wenn die Ratifizierung in den nationalen Parlamenten stattfinden muss, ist das keineswegs undemokratisch. Etwas Anderes wäre es gewesen, hätte die Ratifizierung nicht in den nationalen Parlamenten stattfinden müssen.

Das Problem an Geheimverhandlungen ist ein anderes. Durch Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, ist es schwieriger, ein differenziertes Bild des Abkommens in der Bevölkerung zu zeichnen. Jede/r hat sich bereits ein Bild gemalt und wurde von verschiedenen Seiten beeinflusst. Wird dieser Prozess als undemokratisch verstanden, kann ich dem viel abgewinnen. Aber undemokratisch im Sinne der Entscheidungsfindung ist CETA sicherlich nicht, auch wenn der aktuelle Kommissionspräsident eine nationalstaatliche Ratifizierung zunächst verhindern wollte.

Zweites Problem: Investitionsschutz!

Dass Unternehmen ganze Länder vor noch zu definierenden Schiedsgerichten verklagen können, weil sich die Rahmenbedingungen (z.B. Gesetze und Bestimmungen) nachteilig für das jeweilige Unternehmen entwickelt haben, ist unerträglich. Immerhin wären die genannten Änderungen demokratisch legitimiert, weil sie von gewählten Parlamenten beschlossen wurden. Unternehmen sind hingegen nur durch ihre Shareholder legitimiert, aber keinesfalls demokratisch. Es ist eine Errungenschaft des Rechtsstaats, dass ein fairer Prozess vor einem unabhängigen Gericht angestrebt werden kann. Dieses Instrument darf keinesfalls umgangen werden - das wäre antidemokratisch.

Was, wenn CETA mehr ist?

Monopoly-Brettspiel
Quelle: https://pixabay.com/de/spielen-brettspiel-monopol-geld-1538339/, 21.09.2016

Bei CETA geht es um die Zusammenführung zweier relativ großer Wirtschaftsräume. 510 Millionen Einwohner/-innen zählt die Europäische Union (Anm. d. Red.: Großbritannien noch inkludiert) und 36 Millionen Kanada. Die vereinte Wirtschaftskraft betrüge etwas über 20.000 Mrd. US-Dollar (über 18.000 die EU und knapp 1800 Kanada). Damit wäre die Wirtschaftskraft größer als Russland und China zusammen (Anm. d. Red.: etwas über 12.400 Mrd. $) und größer als jene der USA mit über 18.500 Mrd. $. Damit wären die Länder von CETA gemeinsam ein wichtiger und relevanter Global Player im geopolitischen Sinn.

Wirtschaftssanktionen, die diese beiden Wirtschaftsräume koordinieren, hätten einen tatsächlichen Einfluss. Wenn also die politische Koordination stimmt, sind einerseits Wirtschaftssanktionen verhängt durch diese Wirtschaftsräume effektiv, andererseits positioniert man sich als Global Player, der nicht von China überrannt werden kann. Auch diese außenpolitische Dimension gilt es zu beachten. Abkommen zwischen China und Russland spielen gemäß der Zahlen in einer unteren Liga.

Fazit: Geopolitisch interessant!

Auch wenn José Manuel Barroso und Herman Van Rompuy unterschrieben haben, demokratisch ist das Abkommen noch nicht ratifiziert worden. Wir können also noch ablehnen. Außerdem haben sich die demokratischen Vertreter/-innen in der EU und Kanada geändert. Noch nicht ratifizierte Abkommen sind daher keineswegs bindend. Ich persönlich hielte eine baldige Umsetzung des Abkommens für schwierig, weil die Bevölkerung es noch nicht versteht. Das Verständnis für CETA fehlt. Doch wenn politisch akkordiert gehandelt würde und der Investitionsschutz rechtsstaatlichen Mechanismen (z.B. Gerichte) weicht, handelt es sich um ein interessantes Abkommen mit wirksamen Gestaltungsmechanismen im geopolitischen Sinn.