Wer bezahlt die Unterrichtsmittel?

Taschenrechner und Büroklammern
Quelle: https://pixabay.com/de/mathematik-taschenrechner-kalkulator-1453831/, 29.09.2016

In den letzten Tagen wurde dieses Thema heiß diskutiert. Es geht um die Bezahlung der Unterrichtsmittel und um die Definition, was als ein ebendieses bezeichnet werden soll. Der Hintergrund: In einem Rundschreiben des Bildungsministeriums wurde festgehalten, dass Laptops, Tablets, PCs und ähnliches von den Eltern zu bezahlen sind, nachdem es sich hier um Unterrichtsmittel wie beispielsweise eine Füllfeder handelt. Die Folge war ein Aufschrei unter den Eltern. Vielleicht zurecht. Aber das wirklich befremdlich wirkende aus meiner Sicht ist, dass diese Praxis schon seit Jahren Gültigkeit hat. Den Zeitpunkt der Aufregung kann ich also nur bedingt nachvollziehen, obwohl ich ihn sachlich verstehe.

Das Argument der Schulgeldfreiheit!

Die Vertreter/-innen der Eltern argumentieren, dass durch die verpflichtende Bezahlung von Laptops oder Tablets die Schulgeldfreiheit de facto abgeschafft wird. Vielleicht sollte hier zu einem früheren Zeitpunkt angesetzt werden. Zu Beginn jedes Schuljahres müssen die Eltern die Unterrichtsmittel ihrer Kinder (Hefte, Füllfeder, usw.) anschaffen. Teilweise ist das aufgrund der sozialen Schieflagen in diesem Land eine große Herausforderung. Auch wurde die Schulgeldfreiheit de facto durch jeden Schulausflug und jede Sportwoche abgeschafft.

Darüber hinaus ist es gängige Praxis, dass die Eltern der Schule einen Kopierbeitrag je Schuljahr zahlen, was auch gegen die Schulgeldfreiheit verstieße. In seiner Aussendung hat das BMB (Bundesministerium für Bildung) lediglich festgehalten, dass auch Laptops, Tablets und PCs Unterrichtsmittel sind und weil sie nicht verpflichtend gekauft werden müssen, obliegt ihre Anschaffung den Eltern. Das heißt, dass jede Klasse im Einzelfall eine Anschaffung zu überlegen hat.

Die österreichische Sucht nach Formalisierung!

Durch meine jahrelange, spannende Tätigkeit durfte ich europaweit sehr viele Schulen besuchen und habe dort mit noch mehr Lehrer/-innen gesprochen. Ich darf alle Österreicher/-innen beruhigen: Die Finanzierungsprobleme bestehen andernorts ebenso und meistens sind diese sogar noch wesentlich gravierender als hierzulande. Aber es gibt europaweit unglaublich kreative Lösungen, die sich fernab der österreichischen Sehnsucht nach Formalisierung bewegen.

Man arbeitet mit dem, was vorhanden ist und jammert nicht schon im Vorfeld. Natürlich bin ich der Meinung, dass eines der reichsten Länder der Welt diese Mittel für seine Schüler/-innen bereitstellen muss. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert - leider. Die Zeit mit Schuldzuweisungen und Idealvorstellungen zu verlieren, wäre das Schlimmste in dieser Situation.

Das Potenzial nutzen!

Laptop und Smartphone mit Kaffee
Quelle: https://pixabay.com/de/arbeitsplatz-büro-geschäft-notebook-336369/, 29.09.2016

Aber wie? Die meisten Kinder haben ein Smartphone, ein Tablet oder einen Computer zur Verfügung, sei es ihr eigenes Gerät oder zu Hause. Dieses Potenzial muss man pädagogisch nützen. In diesem Zusammenhang heißt das Zauberwort BYOD (Bring Your Own Device). In sehr vielen Fällen ist es also nur eine Frage, wie die privaten Geräte in den Schulbetrieb integriert werden können. Und hierzu gibt es wunderbare Anleitungen und Fallstudien (siehe Broschüre). 

 

Worum es also in letzter Konsequenz geht, ist ein Sozialplan für jene Schüler/-innen mit Finanzierungsproblemen. Das wird österreichweit nicht die Mehrheit sein. Hier gibt es eine Vielzahl an Finanzierungsmöglichkeiten, die bereits jetzt umgesetzt werden, wie z.B. einen Mietkauf inklusive Versicherungsschutz, weil diese Geräte übernatürlich beansprucht werden.

Fazit: Später Aufschrei muss in Pragmatismus münden!

Dass erst jetzt eine Aufruhr herrscht, zeigt, dass über das pädagogische Potenzial der modernen Technologien weder unter den Lehrkräften noch unter den Eltern ausreichend Wissen bestand. Was für uns Eltern vor Jahren einmal gereicht hat, reicht leider längst nicht mehr für unsere Kinder. Von diesem Gedanken müssen wir uns als Gesellschaft endlich verabschieden. Auch in unseren Köpfen ist es entscheidend, dass der Computer endlich als sinnbildlicher Bleistift und nicht als Gerät von einem fremden Planeten wahrgenommen wird. Vielleicht gelingt dann eine differenziertere Wahrnehmung moderner Bildung …

Download
BYOD Modelle für die Schule der Zukunft
In diesem Leitfaden sind europaweite Beispiele für eine effektive Umsetzung von BYOD inklusive genauer Richtlinien dargestellt.
BYOD Leitfaden.pdf
Adobe Acrobat Dokument 3.3 MB