Wünsche an eine Ministerin ...

Angelobung von Sonja Hammerschmid bei Bundespräsident Heinz Fischer
Quelle: https://www.bmbf.gv.at

Österreich hat eine neue Bundesregierung, einen neuen Bundeskanzler und auch eine neue Bildungsministerin, die sich bisher sehr engagiert zeigte. Sie muss viele Hoffnungen erfüllen und den Bildungsstillstand in diesem Land auflösen. Dabei sollten ideologische Gräben der Regierungsparteien überwunden und endlich für die Schüler/-innen gearbeitet werden. Was sind die Wünsche der Innovationsschule an Bildungsministerin Sonja Hammerschmid?

1. Bildungsreform anders denken!

Das Problem bisheriger Reformversuche war, dass versucht wurde, den Status Quo zu ändern und das aktuelle System zu adaptieren. Wie bei einem technischen Gerät, wurden verschiedenste Bauteile ausgetauscht ohne zu hinterfragen, ob das Gerät noch seinen Zweck erfüllen kann. Was ist der Zweck der Bildung? Den Schüler/-innen den bestmöglichen Start ins Leben zu geben! Eine Bildungsreform, die den Namen verdient, muss von dieser Prämisse ausgehen. Diesem Ziel werden danach pädagogische Konzepte, die Gestaltung des Unterrichts und der Unterrichtszeit (Stichwort verschränkter Unterricht in Ganztagsschulen), technische Hilfsmittel und am Ende Fragen der Ausbildung der Lehrer/-innen untergeordnet. 

 

Anliegen der Lehrer/-innen-Gewerkschaft gleich zu Beginn zu lösen, halte ich für verfehlt, zumal das Ziel noch nicht definiert ist. Die Lehrer/-innen, denen eine wesentlich wichtigere Rolle zukommt als gemeinhin angenommen, sollen mitverhandeln. Aber zuerst sollte die Systemänderung eindeutig vorgegeben werden. Unter diesen neuen Voraussetzung müssen in der Folge arbeitsrechtliche Fragen geklärt werden. Beginnen diese Diskussionen noch bevor die grundsätzlichen Fragen geklärt sind, verlaufen Reformversuche im Sand ideologischer Gräben und es wird wieder nichts vorangehen. Auch wenn sich einige Menschen auf den Schlips getreten fühlen: Gewerkschaften handeln Arbeitsbedingungen aus. Punkt. In dieser Rolle sind sie so eminent wichtig für den Interessenausgleich in einer Demokratie. Die pädagogische Hoheit sehe ich persönlich bei den gewählten Volksvertreter/-innen, denn sie bilden die Gesellschaft ab, deren Kinder gebildet und ausgebildet werden sollen.

2. Mehr Mut - Erfahrungen sind vorhanden!

„Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis.“ Diese Grundhaltung scheint bereits in der DNA der österreichischen Politik verankert zu sein. Evaluierungen, Testungen und Erfahrungssammlungen sollen vor Beginn einer halbherzigen Maßnahme - wie beispielsweise der gemeinsamen Schule der 10 bis 14 Jährigen - auf nationaler Ebene eingeholt werden. Der Vorteil eines gemeinsamen Europas ist, dass genügend Erfahrungen aus anderen Ländern vorhanden sind. Die Mannigfaltigkeit der Bildungssysteme in Europa bietet einen wunderbaren Boden zum Studium von Erfolgsmodellen. Wir wissen also, welches System unter welchen Voraussetzungen gut funktioniert. Sei es die Gesamtschule, die Ganztagsschule oder die verstärkte Autonomie der Schulen. Was unserem Land fehlt, ist der Mut der Umsetzung. Vielleicht kann eine neue Bildungsministerin hier entscheidende Impulse setzen.

3. Technologie wichtig, aber kein Selbstzweck!

Dass der Unterricht vielerorts bereits technisch unterstützt stattfindet, ist bekannt. In Österreich oblagen wir der Illusion, Technologie einfach ins Klassenzimmer zu werfen und viele wussten nicht, wie daraus Nutzen gezogen werden kann. Diese Haltung soll nicht gegen Technologie im Unterricht sprechen. Ich bin ein großer Befürworter von Hilfsmitteln, die das Lernerlebnis bereichern. In meiner Idealvorstellung ersetzt das Tablet die allermeisten Schulbücher, zumal das Niveau der Interaktion deutlich gehoben wird. Aber Technologie muss als „Bleistift“ verstanden werden. Es wird an der Lehrkraft liegen, zu entscheiden, wann der Einsatz sinnvoll und wann der Gebrauch von Feder und Papier gefordert ist.

Fazit: Ideologische Gräben mit Achtung überwinden!

Sonja Hammerschmid wird es nicht leicht haben. Noch jede Bildungsreform ist bisher an ideologischen Gräben gescheitert. Sie scheiterten vor allem deswegen, weil jeder ideologischen Begründung etwas Wertendes innewohnt, welches das Gegenüber diskreditiert. Das macht eine Diskussion wenig produktiv. Begegnet man seinem Gegenüber aber mit Achtung, sind auch diese Gräben zu überwinden. Lehrer/-innen kommuniziere ich öffentlich, wie wichtig sie sind und auf Bedenken der ÖVP gehe ich auch offen ein. Bundeskanzler Kern und Reinhold Mitterlehner haben bereits durchklingen lassen, dass verkrustete Denkmuster vielleicht über Board geworfen werden müssen. Die Schulen würden es der Politik danken …

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