Der österreichische PISA-Frust!

Cartoon einer Lehrerin for eine Klasse mit sechs SchülerInnen
Quelle: https://pixabay.com/de/lehrerin-lehrer-schule-schüler-148135/ , 07.12.2016

Alle Jahre wieder. Die Ergebnisse der letzten PISA-Tests der OECD sind veröffentlicht worden. Getestet wurden die österreichischen SchülerInnen zwischen 15 und 16 Jahren in den Bereichen Naturwissenschaft, Mathematik und Lesen. Nicht nur, dass wir unterhalb des OECD-Schnitts (Anm. d. Red.: Ausnahme Mathematik) liegen, im Vergleich zu den Jahren 2000 und 2012 haben wir uns in allen drei Bereichen verschlechtert, nicht verbessert. Zwar spielen bei derartigen Überprüfungen immer mehrere Faktoren mit, der Trend ist aber eindeutig. Aber was ist zu tun und woran liegt der durch Zahlen belegte Stillstand in der Bildungspolitik? Ein Versuch einer Analyse. 

Was ist PISA eigentlich?

PISA ist das „Programme für International Student Assessment“ der OECD. Hier werden repräsentativ etwa eine halbe Million SchülerInnen in verschiedenen Bereichen getestet und geben ein vergleichendes Bild von 72 OECD-Staaten wieder. Die Überprüfungen dauern zwei Stunden an und greifen auf einen Fragenkatalog zurück, der zuvor unter den OECD-MitgliederInnen akkordiert wurde. Es handelt sich um eine Mischung aus Multiple-Choice und offenen Fragen, sodass auch verschiedene Stärken relativ gut abgebildet werden können. Der gesamte Fragenkatalog umfasst Fragen für etwa 390 Minuten, wobei jede/r SchülerIn eine zufällige Auswahl an Fragen bekommt. Streng wissenschaftlich betrachtet, erfüllen die Tests die Anforderungen einer qualitativen Erhebung.

Die Ergebnisse für Österreich

Kurz zusammengefasst: Unterdurchschnittlich! Sowohl im Vergleich zum Ausgangstest im Jahr 2000 als auch im Vergleich zum letzten PISA-Zyklus im Jahr 2012 ist die erreichte Punktezahl in allen drei Bereichen (Anm. d. Red.: Naturwissenschaft, Mathematik und Lesekompetenz) niedriger. Um es zu verdeutlichen: Fast jede/r dritte SchülerIn gehört in Österreich auf zumindest einem Gebiet zur Gruppe der RisikoschülerInnen. 13 Prozent der österreichischen SchülerInnen gehören sogar in allen drei Themengebieten zur Gruppe der RisikoschülerInnen. Weiter erschreckend ist der Geschlechterunterschied, zumal Buben besser als Mädchen abschneiden.

Besonders spannend im Lichte der Flüchtlingsbewegungen zu erwähnen ist, dass der Unterschied zwischen Kindern mit Migrationshintergrund und „einheimischen“ SchülerInnen im Vergleich zu 2012 annähernd gleich geblieben ist (Anm. d. Red.: bei der Lesekompetenz leicht angestiegen aber im Vergleich zum Jahr 2000 deutlich verringert). Das macht Mut. In den Tests des letzten Jahres sind aber keine Flüchtlingskinder integriert worden, weil es zu Sprachproblemen bei der Fragestellung hätte kommen können. 

Von Reformen und Lippenbekenntnissen

Homepage von PISA der OECD
Quelle: https://www.oecd.org/pisa/ , 07.12.2016

Wieder einmal zeigt sich deutlich, dass die Bildungspolitik keine politische Priorität genießen kann, zumal die Effekte wenigstens zwei Regierungsperioden auf sich warten lassen und damit wohl kaum Wahlen gewonnen werden können. Unverändert bleibt der politische Trend, dass man sich seitens der politischen VertreterInnen entrüstet zeigt und baldige Besserung gelobt. Besonders die angesprochene Bildungsreform weckt unter den KoalitionspartnerInnen große Hoffnungen. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid sieht zwei Bestandteile der Bildungsreform mit Blick auf die PISA-Ergebnisse als besonders wichtig:

Die Schulautonomie und die Ganztagsschule. Jene Länder, die in den Tests weit vorne rangieren, haben flächendeckende Angebote für Ganztagsschulen und eine hohe Autonomie am Schulstandort selbst. Übersetzt bedeutet das, ein pädagogisch schlüssiges Gesamtkonzept kann in seiner finalen Version erst am Schulstandort selbst fertigentwickelt werden. Der Rahmen dafür muss aber zentral vorgegeben sein. Diese Interpretation stärkt die Schulen, das Ministerium als zentralen Rahmengeber und regionale Behörden, hinterfragt aber deutlich den Auftrag der Bundesländer in diesem Konstrukt. Zeit, nachzudenken!

Fazit: Worauf warten wir noch?

Als langjähriger Beobachter der Szene, der sich in einem steten internationalen Austausch mit Ländern befindet, die wesentlich besser abschneiden als Österreich, frage ich mich, worauf wir noch warten. Die gewinnbringenden Konzepte sind längst bekannt. Und wir wissen, dass sich positive Veränderungen im Schulsystem erst nach etwa zehn Jahren nachhaltig bemerkbar machen können. Also könnten die derzeit schlechten Leistungen einer schwarz-blau/orangen und beginnenden rot-schwarzen Bildungspolitik zugeschrieben werden. Das sind die Zeitrahmen, von denen wir in der Bildung sprechen.

Wenn also der Bildungssprecher der FPÖ, Walter Rosenkranz, ein Totalversagen linker Bildungspolitik sieht, muss dieser Befund relativiert werden. Außerdem gab es in Österreich seit der Alleinregierung von Bruno Kreisky keine deklariert linke Mehrheit mehr. In einer repräsentativen Demokratie sitzen wir alle im gleichen Boot und Regierungen mit verschiedenen Farbkombinationen orientieren sich am zuvor vereinbarten Regierungsprogramm. Deshalb ist ein zögerliches Agieren keineswegs angebracht. Finnland geht immer ähnlich vor, wenn dem Bildungssystem ein Qualitätsverlust droht: Sie krempeln das gesamte System um. Geschadet hat es ihnen bisher jedenfalls nicht …