Das ist peinlich Frau Karmasin!

Frau hält sich Hand vor Augen
Quelle: https://www.pexels.com/photo/portrait-old-person-sad-18494/ 08.05.2018

In einem Artikel mit dem Titel „Ein digitaler Spielplatz für Lehrer“ gestern auf der Homepage der Tageszeitung Die Presse offenbarte sich eine große Peinlichkeit der österreichischen Bildungspolitik. Familienministerin Sophie Karmasin besuchte das Future Classroom Lab des European Schoolnet (www.eun.org) in Brüssel und will auf diesen innovativen Zug aufspringen. Dabei hat sie offenbar niemand darüber informiert, dass Österreich an dieser Innovation bereits beteiligt ist.

1. Österreich Teil des European Schoolnet und des Future Classroom Lab!

In diesem Artikel wird der digitale Spielplatz der Lehrer/-innen als Raum für Experimente angepriesen. Sophie Karmasin war offenbar davon so begeistert, dass sie 2017 etwas Ähnliches in Österreich sehen möchte. Hier sei unserer Familienministerin eine kurze Geschichtsstunde gegeben: 1997 wurde das European Schoolnet mit Sitz in der Rue de Trèves 61 in Brüssel gegründet. Seine Mitglieder sind die Bildungsministerien mehrerer Mitgliedsländer der Europäischen Union. Österreich ist Gründungsmitglied und demnach seit 1997 Teil dieser innovativen Kraft.

Das angesprochene Future Classroom Lab entstand aus den Erkenntnissen des EU-geförderten Projekts iTEC (Innovative Technologies for an Engaging Classroom), das von 2010 bis 2014 lief. Auch hier war Österreich federführend und ich selbst war Teil des österreichischen Projekt-Teams, das pädagogische Umsetzungen in Österreich konzipierte und überwachte. Für das Future Classroom Lab hat Österreich in Mag. Hermann Morgenbesser sogar einen österreichischen Botschafter. Relativ bald nach Beginn des iTEC-Projekts wurde dieser Future Classroom konzipiert. Es gibt ihn also schon ein paar Jahre, Frau Karmasin.

2. Österreich war in die Konzeption eingebunden!

Wenn das Familienministerium mit einem Presseaufgebot nach Brüssel reist und so tut, als wäre man von der Existenz dieser Räumlichkeiten überrascht, so spricht das weder für eine gute Kommunikation der Pressestelle des Familienministeriums mit dem Bildungsministerium, noch für eine tiefergehende Recherche der Tageszeitung Die Presse. Das European Schoolnet ist ein Verein nach belgischem Recht und seine Mitglieder zahlen einen jährlichen Beitrag von etwa 30.000 Euro. Auch Österreich. Diese Mittel werden seit Jahren aus dem Bildungsministerium gezahlt. Das heißt: Nicht nur mit Man-Power, sondern auch finanziell war Österreich stets an den Innovationen im European Schoolnet in Brüssel beteiligt. Das sollte auch in einem derartigen Artikel erwähnt werden. Besonders, wenn gemeint wird, man möchte etwas Ähnliches in Österreich.

3. Politische Kommunikation mehr als verbesserungswürdig!

Dass die Kommunikation der beiden Ministerien offenbar einiger Verbesserungen bedarf, wird mehr als deutlich. Bevor man mit Anlauf in ein europäisches Fettnäpfchen tritt, lohnt eine genauere Recherche der Pressestelle. Denn auch die Verwunderung in Brüssel war, meinen persönlichen Kontakten zufolge, groß. Elina Jokisalo kenne ich persönlich und die Mitarbeiter/-innen des European Schoolnets größtenteils auch. Sie wunderten sich über dieses Vorgehen. Jedenfalls sollte die Kommunikation zwischen den beiden Ministerien erheblich verbessert werden. Denn seit 1997 gibt es im Bildungsministerium eine Abteilung, die sehr erfolgreich europäische Bildungsprojekte koordiniert und durchführt. Über die Jahre änderte sich die Bezeichnung dieser Abteilung, weniger der Personalstand. Aktuell handelt es sich um die Abteilung II/8.

Fazit: Eulen nach Athen tragen!

Sophie Karmasin und ihr Team haben die modernen Kommunikationstechnologien offenbar noch nicht ganz verstanden. Denn dann hätte eine kurze Recherche ergeben, dass Österreich beteiligt ist, mehrere Projekte in Kooperation mit verschiedenen Schulen erfolgreich abgewickelt werden und es sogar einen Future Classroom Lab - Botschafter für Österreich gibt, der sogar vom ORF-Radio Ö1 interviewt wurde. Ich persönlich war an etwa 15 Bildungsprojekten beteiligt und das Future Classroom Lab (fcl.eun.org) wurde sowohl auf der österreichischen Interpädagogika-Messe von 2010 bis 2015, als auch auf der BildungOnline in Hall in Tirol und auf der eLearningConference in Eisenstadt promotet. Weiters habe ich bereits 2013 auf der Konferenz EDUVision in Ljubljana, Slowenien über diesen Future Classroom referiert. Sophie Karmasin trägt hier Eulen nach Athen …