19. Fluch und Segen der Zentralmatura!

Fluch oder Segen?
Copyright: Axel Zahlut

Dieses Thema passt hervorragend zum Prüfungsschwerpunkt, dem sich die Innovationsschule in den künftigen Beiträgen widmen wird. In den vergangenen Tagen ist die Zentralmatura in Österreich angelaufen. Im Vorfeld fand beinahe ein gesellschaftlicher Diskurs entlang gewohnter Bruchlinien statt. BefürworterInnen sehen die Möglichkeit der Chancengleichheit. Bisher waren Niveauunterschiede zwischen den jeweiligen Schulen nicht wegzudiskutieren. GegnerInnen sehen die Autonomie des Schulstandortes gefährdet, zumal die Reifeprüfung den krönenden Abschluss einer Schulkarriere bilden sollte. 


Eine Überlegung hinter der zentralen Reifeprüfung mag sein, dass entweder im Berufsleben oder auf der Universität ein bestimmtes Niveau vorausgesetzt werden darf und Bildungsstandards auf diesem Wege überprüft werden können. Diese Logik hinkt bereits aufgrund der Studieneingangsprüfungen in mehreren Studiengängen auf FHs und Universitäten. Also geht diese Rechnung nicht auf. Kritische BeobachterInnen des Bildungssystems fragen zurecht, warum Bildungsstandards formuliert werden - die theoretisch ein Grundniveau bilden sollten - und außer einer zentralisierten Reifeprüfung aber kein Überprüfungswerkzeug vorhanden ist. Individuelle Auszeichnungen und Schwerpunktsetzungen der Schulen finden danach nur in zusätzlich zu erwerbenden Zertifikaten Ausdruck. Bisher war es allerdings üblich, dass bestimmte Industrieunternehmen Zertifikate gesponsert haben, womit, über kurz oder lang, die Schulen zum Instrumentarium von ZertifikatsentwicklerInnen werden. 


 

Ob diese Entwicklung angesichts des freien Guts „Bildung“ wünschenswert ist, sei dahingestellt. Andere Länder haben auch zentralisierte Abschlussprüfungen, aus denen ein Punkteschlüssel hervorgeht, der zur Zulassung zu bestimmten Studienrichtungen herangezogen wird - das ist halbwegs fair. Ob eine zentralisierte Reifeprüfung selbiges angesichts der Internationalisierung an Hochschulen leisten kann, ist fraglich. Man erkennt den politischen Willen zur Wahrung der Fairness, denkt aber - wie üblich in Österreich - nicht konsequent zu Ende. Sozioökonomische Unterschiede werden in dieser Form nicht ausgeglichen und öffnen Tür und Tor für andere Interessengruppen …