In den Niederungen des Polit-Hickhacks!

Kontroverse
Quelle: https://pixabay.com/de/kampf-kontroverse-konflikt-œil-2134407/ 28.03.2017

Mittlerweile glaubt kaum noch jemand daran, dass die ehemals große Koalition über den Herbst 2017 hinaus halten wird. Vermutlich dürfen wir dann wieder zur Urne schreiten. Eine gelebte Demokratie lebt von der ständigen Evaluierung durch die WählerInnen und eine Nationalratswahl ist die Urform dieser Evaluierung. Dass die Zweckehe zwischen der SPÖ und der ÖVP in einer Zweckscheidung die logische Konsequenz finden wird, um für vermeintlich Neues oder neu Etikettiertes Platz zu schaffen, dürfte uns nicht mehr überraschen. Doch wirklich neue Entwicklungen gibt es in der Politiklandschaft Österreichs nicht. Im Gegenteil! Mittlerweile verfangen sich sogar die Grünen in parteiinternen Ungereimtheiten.

Das Hickhack der Regierungsarbeit

Die Anfänge der aktuellen Legislaturperiode waren von Zweckoptimismus geprägt, der sich über die Jahre zu einem vorsichtig resignierenden Pessimismus entwickelte. Unzählige Neustarts, zwei Bundeskanzler, zwei Vizekanzler und ein überarbeitetes Arbeitsprogramm später hat sich dieser Pessimismus zu einer realistischen Einschätzung entwickelt. Vorübergehend stellte sich der Eindruck der Erneuerung unter Christian Kern ein, doch dieser Drive verlor an Energie und kurzfristiges Denken - das Wortspiel ist gewollt - ist wieder vorherrschend.

Die politischen VertreterInnen bringen sich schon seit Monaten strategisch in Stellung. Parteispitzen werden ausgetauscht, MinisterInnen neu bestellt und Themenschwerpunkte neu definiert. Dabei dürften alle das gleiche Ziel verfolgen: Dem Populismus auch thematisch den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Ist die Opposition bereit?

Für Neuwahlen ist die Opposition in Österreich aber ähnlich unvorbereitet. Lediglich die FPÖ dürfte sich auf Neuwahlen in ihrer heutigen Lage und mit ihren Voraussetzungen freuen. Das Team Stronach wird kaum entsprechenden Zuspruch für einen erneuten Einzug ins Parlament bekommen. Der Hype um die NEOS ist abgeebbt und die Grünen haben gerade einen veritablen Konflikt mit einer ihrer Jugendorganisationen. Die jungen Grünen haben sich von der GRAS abgesplittert und sorgen für eine gesunde, innerparteiliche Kontroverse. Zumindest war das immer das Kennzeichen der Grünen: Gesunde Basisdemokratie, die für die Öffentlichkeit transparent kommuniziert wurde und der eine oder andere parteiinterne Konflikt, der stets neue Energien freisetzte.

Rampe des österreichischen Parlaments
Quelle: https://pixabay.com/de/wien-parlament-haupteingang-1549888/ 28.03.2017

Konflikte bei den Grünen hatten nie einen zerstörerischen Charakter. Sie waren Teil der politischen Meinungsfindung. Doch nun entbrannte ein Konflikt zwischen den jungen Grünen und der Parteispitze, den man in dieser Form eher von der ÖVP gewohnt ist. Vor allem der Wunsch der Parteispitze, alle Mitglieder auf Linie zu bringen, ist für grüne Parteianhänger eher befremdlich. Als Peter Pilz und Eva Glawischnig vor einiger Zeit unterschiedliche Positionen vertraten, meinte man, eine Partei müsse derartige Differenzen aushalten. Wo bleibt diese Coolness heute?

In der Säurebatterie der Grünen ist der „Moralingehalt“ seit dem Abgang von Alexander Van der Bellen signifikant gestiegen. Gelang es Van der Bellen noch, moralische Fragen mit der volkswirtschaftlichen Logik zu verbinden, setzt man unter seiner Nachfolgerin eher auf moralische Fragen alleine. Nach der nächsten Nationalratswahl könnte eine Führungsdebatte auch bei den Grünen losgetreten werden, womit die Niederungen der Parteipolitik mehr als 30 Jahre nach der Parteigründung erreicht würden.

Fazit: Wenn keine gesunde Streitkultur existiert!

Was die Grünen bisher den Regierungsparteien voraus hatten, war eine gesunde Streitkultur. Man konnte der Regierung zeigen, dass Konflikte völlig normal sind und der entsprechende Umgang mit ihnen zu eher durchdachteren Erkenntnissen führt. Dieser Charme ging offenbar verloren und mit einem schwellenden Konflikt in Nationalratswahlen zu gehen, dürfte nicht an oberster Stelle der grünen Wunschliste stehen.

Streitgespräch
Quelle: https://pixabay.com/de/gespräch-diskussion-reden-menschen-799448/ 28.03.2017

Von Neuwahlen dürfte aktuell tatsächlich nur die FPÖ profitieren, weshalb sie seit Monaten eher darauf bedacht ist, nicht zu viele Fehler zu machen und die Scherben der Anderen einzusammeln. Die Regierungsparteien werden ihre gemeinsame Mehrheit verlieren, das Team Stronach dürfte den Wiedereinzug verfehlen, die NEOS müssen sich noch positionieren und die Grünen haben aktuell andere Sorgen. Die Scheidung der Regierungsparteien, von der jede/r ausgeht, dürfte eben nicht nur der Regierung schaden …