Das Dogma der Unfehlbarkeit?

Mikrofon
Quelle: https://pixabay.com/de/mikrofon-musik-ton-mic-musical-2130806/ 11.01.2017

„Früher zählte das Erreichte, heute reicht das Erzählte.“ Bisher hat es den Anschein, als ginge die angestrebte Politik der neuen Bundesregierung in diese Richtung. Es ist schwer, den Wald vor lauter Bäumen der Rhetorik zu sehen. Denn offenbar ist den PolitikerInnen heute bewusst, dass sie nur für Botschaften gewählt werden, die einfach sind und von möglichst vielen Menschen verstanden werden. Nicht die Haltung, sondern die Kommunikation steht im Vordergrund. Eine Entwicklung, die ich generell problematisch sehe, ist doch die Verantwortung der PolitikerInnen zu handeln und nicht zu kommunizieren.

Die rhetorische Blendung

Privat bin ich kein Freund des nichtssagenden Smalltalks. Manchmal ist er beruflich unvermeidbar, trägt aber in den wenigsten Fällen zur Zielerreichung bei. Bedenkt man, dass die politischen Mühlen sowieso langsamer mahlen, ist zu reden eine eigentlich nicht willkommene Strategie der Verschleppung von Entscheidungen. Die einzige Nachrichtensendung, die ich im TV noch verfolge, ist die ZiB2. Ich schätze, dass die ModeratorInnen hier um klare Antworten bemüht sind und störe mich keineswegs daran, dass ihr Stil dafür manchmal härter ist.

Es wird versucht, die rhetorische Blendung zu umgehen. In letzter Zeit fällt mir auf, dass VertreterInnen der neuen Bundesregierung bei jeder unangenehmen Frage auf das Regierungsprogramm verweisen. Vielleicht aus Angst, aus Unwissenheit oder vielleicht aus vorauseilendem Gehorsam dem Bundeskanzler gegenüber. Es wird so getan, als wäre das Regierungsprogramm wie die zehn Gebote und der Bundeskanzler wäre Moses, der diese verkündet.

Das Dogma

Bibel
Quelle: https://pixabay.com/de/leben-nach-dem-tode-schlecht-baptist-1238610/ 11.01.2017

In der Kommunikation wird das Programm oft als unumstößliche Wahrheit angenommen. Es mag Strömungen innerhalb des Klerus geben, die der Bibel prophetische Eigenschaften zuschreiben und sie als Grundlage der Wahrheit annehmen. Ähnlich wirkt der Umgang mit dem Regierungsprogramm. Es ist die Grundlage des Glaubens „Neuer Stil“ und die MitgliederInnen der Bundesregierung sollen ihn verkünden.

Ich möchte diesen Vergleich nicht als Kritik der Kritik Willen verstanden wissen. Meiner persönlichen Auffassung nach findet eine Verbesserung nur statt, wenn stetig der Status quo hinterfragt wird. Etwas als dogmatisch gegeben anzunehmen, steht zu dieser Haltung in einem diametralen Widerspruch. In den Interviews in der ZiB2 wird zumindest versucht, den gegenwärtigen Status zu hinterfragen.

Die Kontrolle des Unkontrollierbaren

Einmal werden politische Maßnahmen kritisiert, ein anderes Mal hochgepriesen. Das Schicksal der PolitikerInnen mit Entscheidungsgewalt ist, damit zu leben. Wahrscheinlich teilen sie dieses Schicksal mit jeder Person in der Öffentlichkeit. Was aber niemals funktionieren kann, ist die Definition des Narrativs. In letzter Zeit wurde von den politischen VertreterInnen viel Energie damit verschwendet, das Narrativ zu kontrollieren. Die jeweiligen Geschichten, die gefühlten Wahrheiten und deren Interpretation sollen formuliert und kontrolliert werden. Danach sind auch die eigenen Konzepte besser zu verkaufen. Gemeinhin werden jene Personen als politische Talente charakterisiert, welche diese Gratwanderung von Natur aus beherrschen.

Die Ausnahme Kickl

Wer sich mit den VertreterInnen der FPÖ ins Bett legt, läuft Gefahr, mit Aussagen nahe des Nationalsozialismus aufzuwachen. Welche Haltung dem aktuellen Innenminister zugrunde liegt, wurde deutlich, als er meinte, man soll AsylwerberInnen „konzentriert“ an einem Ort zusammenfassen. Uneinsichtig bezüglich seiner Wortwahl zeigte er sich auch, als man ihn auf die Assoziation des Konzentrationslagers ansprach. Es ist diese fehlende Sensibilität oder gewollte Provokation, welche die ÖVP unter Kurz in der Regierung salonfähig macht. Die Taktik des Schweigens bei dieser kritischen Frage hätte in diesem Falle gutgetan. Ich finde es beschämend, dass so jemand Minister in einer westlichen Demokratie sein darf.

Es fängt bei uns an

Bilder von Menschen
Quelle: https://pixabay.com/de/menschen-betrachter-ausstellung-2944064/ 11.01.2017

Aufmerksame LeserInnen meines Blogs werden wissen, dass ich ein großer Freund der eigenverantwortlichen Veränderung bin. Wenn uns etwas missfällt, müssen wir die Veränderung initiieren. Es fängt mit der Definition der politischen Verantwortung an. Verantwortlich wäre, unmittelbar zur Tat zu schreiten und Rede und Antwort zu stehen.In einer Demokratie ist es wünschenswert, wenn daraufhin ein gewinnbringender Diskurs gestartet wird. 

In Frankreich gehören beispielsweise regelmäßige Demonstrationen zum gesellschaftlichen Austausch von Interessen. Wir hätten dafür die Sozialpartnerschaft. Unangenehmen Fragen mittels eines Regierungssprechers auszuweichen, mag zwar kommunikationstechnisch zielführend sein, ist aber in einer Demokratie eine fragwürdige Strategie. Einzig bei Herbert Kickl wäre zielführend, geplante Aussagen zu kontrollieren …