66. Das gute Leben finden ... 

Tolstoi-Zitat
Quelle: http://gutezitate.com/zitate-bilder/zitat-gut-sein-und-ein-gutes-leben-fuhren-bedeutet-anderen-mehr-geben-als-man-von-ihnen-nimmt-leo-tolstoi-276348.jpg

Obwohl der Titel esoterisch klingen mag, geht es um Kernfragen der Bildung - die Fragen nach der Selbstentwicklung und der Konzeption eines guten Lebens. Beginnen wir mit dem zweiten Punkt, weil dieser von uns BürgerInnen als gegeben angesehen wird. Wir alle leben in einer ökonomisierten Welt, streben nach viel materiellen Besitztümern und obliegen der Illusion, dass unser Wohlstand nicht auf Kosten anderer Menschen zustande kommt. Beispielsweise müssen die Zinsen, die wir für Kapital bekommen, in der Realwirtschaft erarbeitet werden. Staaten und ihre Steuerkonzepte erleben eine Identitätskrise, wenn Großkonzerne wie Google, Amazon, Apple, Yahoo und dergleichen sehr wenig Steuern zahlen, bei „normalen“ Menschen aber der Eindruck entsteht, es würden fast kleinbürgerlich Kontrollebenen eingezogen, die in keiner Relation stehen. 


Warum obliegen wir der Illusion, täglich wesentlich mehr erwirtschaften zu müssen als wir brauchen, nie zufrieden zu sein und Futterneid zu entwickeln, wenn wir hilfsbedürftige Menschen teilhaben lassen könnten? Vermutlich sind wir alle von einem Wirtschaftsglauben getrieben, deren Auswüchse sich die katholische Kirche in ihrer „besten“ Zeit gewünscht hätte. Geht es anders? Diese Frage wurde nie breit diskutiert, sondern war stets intellektuellen Gedankenspielen vorbehalten. Wäre das Ziel der Bildung nicht die Erziehung selbstdenkender Menschen, die kritisch den Status quo hinterfragen und dem Wort Reform wieder eine verbessernde Richtung geben (das Wort Reform steht heute für jede Arte der Veränderung)? Vermutlich braucht es einen Paradigmenwechsel. Dieser findet statt, wenn sich Variablen und Konstanten einer gesellschaftlichen Gleichung vertauschen. 


Eine Konstante wäre dann eine Bildung, die den Namen verdient und deren Ziel es ist, mündige und vor allem kritische Menschen zu erziehen, die genau jene Fragen stellen, denen wir global ausgewichen sind. So könnte die Gesellschaftsstruktur eine Variable werden - geschichtlich gesehen war sie das auch immer. Aktuell verhält sich die Gesellschaftsstruktur wie eine Konstante, das Bildungssystem wie eine Variable, das am besten fertige Arbeitskräfte ausbildet, die nach Belieben unter dem Deckmantel der Mobilität ausgetauscht werden können. Natürlich wäre die Erziehung wirklich mündiger Menschen systemgefährdend, denn sie würden Reformen forcieren, die nicht abzuschätzen sind. Aber das wäre das entscheidende Ziel der Bildung …