Das ungewollte Erbe

Artillerie
Quelle: https://www.pexels.com/de/foto/armee-bewaffnung-einfarbig-erwachsener-404995/ 01.02.2018

Sätze wie „irgendwann ist es genug“ sind ein Ausdruck eines latenten Antisemitismus in unserem Land, der eigentlich keinen Platz haben sollte. Ganz besonders nicht eingedenk unseres historischen Erbes. Das Aufkommen der Gesangspraktiken der Burschenschaft Germania zeigt ein systemisches Problem, das Ausdruck einer nie vollzogenen Aufarbeitung unserer Geschichte ist. Diese Aufarbeitung beginnt mit der Einsicht, dass Österreich primär nicht Opfer, sondern Mittäter des NS-Regimes war. Leider gehört das ebenso zu unserem geschichtlichen Erbe wie Mozart. Das dritte Lager negiert diesen Umstand.

Das gesamte Erbe annehmen

Vor einigen Jahren hörte ich den Satz, dass wir Sonne und Regen für einen Regenbogen brauchen. Der Regen der österreichischen Geschichte - und das ist die netteste Formulierung - ist die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Meine Generation kann, vielleicht dankenswerterweise, die Traumata, welche ausgelöst wurden, nicht mehr nachvollziehen. Aber das macht sie nicht weniger bedeutend. Vielleicht war es kein Zufall, dass die Aufarbeitung unserer Geschichte in meinem Schulunterricht kein  Thema war.

Doch um zu verstehen, müssen wir lernen. Die Anerkennung unseres Erbes bedingt einen Lernprozess und ebendieser dürfte in manchen Burschenschaften nicht stattgefunden haben. Politisch problematisch wird dieser Umstand, wenn in den Reihen einer Partei, die sich im Nationalrat und in der Regierung befindet, zahlreiche Vertreter dieser Gesinnung überrepräsentiert sind. In weiterer Folge wird die politische Verantwortung verwaschen.

Wo die Eigenverantwortung versagt …

Zahnräder greifen ineinander
Quelle: https://pixabay.com/de/zahnräder-zahnrad-zusammenspiel-398458/ 01.02.2018

Ich begreife es als einen Teil meiner staatsbürgerlichen Pflicht, mich mit dem geschichtlichen Erbe unseres Landes auseinanderzusetzen. Diese Pflicht liegt in meiner Eigenverantwortung. Wenn sie nicht wahrgenommen wird, benötigt unsere Gesellschaft Gesetze, weshalb das Strafrecht ins Leben gerufen wurde. Das Verbot der NS-Wiederbetätigung ist ein Teil dessen.

Wenn die eigenverantwortliche Aufarbeitung versagt, wird mit Gesetzen eine rote Linie definiert, die niemals überschritten werden sollte. Bereits an früherer Stelle habe ich argumentiert, dass für politische VertreterInnen strengere Richtlinien gelten müssten. Sich auf das Strafrecht auszureden, ist - ich kann es nicht anders formulieren - billig. Politische Verantwortung wird eben nicht erst durch das Strafrecht eingerahmt.

Wenn die Sensibilität fehlt

Wegen der Sorge vor Entwicklungen wie wir sie in der letzten Woche erlebt haben, war ich skeptisch bis kritisch bei der Angelobung dieser Bundesregierung. Ich verstehe die Haltung, dass dieses Land frische und dynamische Persönlichkeiten benötigt. Doch bereits im Wahlkampf zeichnete sich die mangelnde Sensibilität der aktuellen Regierungsparteien bei gesellschaftskritischen Themen ab. Gerade beim Thema Einwanderung zeigte sie sich deutlich.

Iriserkennung
Quelle: https://pixabay.com/de/auge-iris-biometrie-iriserkennung-2771174/ 01.02.2018

Nun leben wir in einem demokratischen Rechtsstaat und es ist das Recht jeder Demokratie, ihre VolksvertreterInnen nach ihren Vorstellungen zu wählen. Der qualitative Unterschied zu den bisherigen Regierungen besteht allerdings im Grundverständnis darüber, dass bestimmte Aussagen oder Taten eine rote Linie der Moral nicht überschreiten dürfen. Dass diese nun überschritten wurde, hat der „größere“ Koalitionspartner mitzuverantworten. Es ist dieser Prozess, der mir Angst macht. Zunächst wird salonfähig gemacht, was nicht erduldet werden dürfte und in der Folge stumpfen wir ab. Die danach fehlende Sensibilität bereitet der Intoleranz den Weg …