Saugt mich die Bildungspolitik aus?

Mann im Schatten
Quelle: https://www.pexels.com/photo/man-walking-on-floor-764880/ 26.02.2018

Wer in der Bildung arbeitet, benötigt Ruhe, Geduld und Idealismus. Obgleich mein Idealismus ungebrochen ist, neigt sich meine Geduld langsam aber sicher dem Ende zu. Die kleinen Fortschritte der letzten Jahre werden von einer Retrohaltung torpediert, die mich anwidert. Die Interessen der Kinder werden schon lange nicht mehr verfolgt und mit einer bildungspolitisch rückwärts gewandten Geisteshaltung vernichtet man die Zukunftschancen, die vor uns liegen. Doch das Geschäft mit den Ängsten ist politisch lukrativer.

Es ist ermüdend

Was uns, die wir in der Bildung arbeiten, so ernüchtert, ist die Tatsache, dass die funktionierenden Zukunftskonzepte längst auf dem Tisch liegen. Wir brauchen nichts mehr zu evaluieren, auszutesten oder in Versuchen „klein“ zu halten. Jedes Mal, wenn ich eine Bildungsdebatte im Fernsehen beobachte und höre, wie ein/e PolitikerIn meint, das müsse alles erst ausprobiert werden, schalte ich vor Wut ab. Systemisch gesehen ist es folgerichtig, dass wir in internationalen Tests nur mäßig abschneiden.

Hinzu kommen ideologische Grabenkämpfe auf dem Rücken der Kinder, die jede politische Einigung zur Verbesserung der Situation verhindern. Wenn man sich auf kleine Reformfortschritte einigt, kommt die nächste Regierung und macht wieder alles zunichte oder verwaltet zumindest den Stillstand.

Angst und Dummheit

Person schützt sich mit Hand vor Angst
Quelle: https://www.pexels.com/photo/adult-black-and-white-body-dark-271418/ 26.02.2018

Ich formuliere sogar die durchaus provokante These, dass gerade populistisch veranlagte Regierungen kein Interesse an einer erfolgreichen Bildungspolitik haben. Ihre Botschaften sind besonders wirkungsvoll, wenn die BürgerInnen Angst vor etwas Abstraktem haben. Die Zuwanderung, der Terrorismus, die Sicherheit oder das soziale Gefälle. Zwar handelt es sich hierbei um reale Gefahren, der österreichische Sozialstaat federt diese jedoch gut ab. Einzelfälle, in denen das nicht so gut funktioniert, zeigen Möglichkeiten der Korrektur auf.

Reflektierte BürgerInnen durchschauen dieses Muster früher als später. Es wäre aus der Sicht einer populistischen Partei eher kontraproduktiv, reflektierte SchülerInnen zu wollen, zumal damit zukünftige WählerInnen verloren gehen. Man arbeitete damit am eigenen Untergang. Es dürfte wirksamer sein, gewisse Schichten schlicht unreflektiert zu lassen.

Es gibt nichts Wichtigeres! Punkt

Blog-Utensilien
Quelle: https://www.pexels.com/photo/closeup-photo-of-black-smartphone-near-black-and-grey-pencil-on-black-spiral-notebook-768474/ 26.02.2018

Wären unsere politischen VertreterInnen tatsächlich systemisch daran interessiert, soziale Ungleichheiten zu beseitigen, Angst zu reduzieren und das Sicherheitsgefühl zu stärken, würden sie stärker in bildungspolitische Maßnahmen investieren. Für den Fortbestand einer Gesellschaft ist nichts wichtiger, als deren reflektierte Bildung. Andernfalls werden soziale Bruchlinien sichtbar, die uns auseinander dividieren können. Genau mit diesen wird offenbar gerade gespielt. Manchmal habe ich das Gefühl, es wäre für meine Nerven besser, die Bildungsbranche zu verlassen …