e-Learning! Eingeschworene Gemeinde?

Schüler/-innen mit Tablet
© Axel Zahlut

Vor einigen Jahren haben noch strukturelle Hindernisse e-Learning-Strategien in Österreich zu einem Werkzeug innovativer Eliten gemacht. Mittlerweile ist die Mehrheit der Schüler/-innen mit einem technischen Gerät (Computer, Notebook, Tablet, Smartphone, iPod, etc.) ausgestattet. Obwohl es eine verpasste Möglichkeit wäre, diese pädagogisch nicht zu nützen, stellt dieser Wandel die Art des Unterrichtens vor strukturelle Herausforderungen. Nicht nur der Unterricht in der Klasse, die Ausbildung der Lehrkräfte, die Schuladministration und die Kommunikation mit den Eltern verändert sich …

Österreich wäre gut ausgestattet, aber…

Die guten Neuigkeiten gleich zu Beginn: Die technische Ausstattung der österreichischen Schüler/-innen ist international gesehen überdurchschnittlich. Eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission (Anm. der Red.: Survey of schools: ICT in Education) belegt, dass sich Österreich im vorderen Spitzenfeld in Bezug auf die technische Ausstattung in Schulen befindet. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die österreichischen Schüler/-innen über überdurchschnittlich viele private Geräte verfügen. In dieser Hinsicht steht Österreich den führenden OECD-Ländern in der PISA-Studie um nichts nach.

Aber wie sieht es mit der tatsächlichen Nutzung neuer Technologien im Unterricht aus? Die Studie hat hier auch Informationen der Schüler/-innen eingeholt, womit ein relativ akkurates Bild wiedergegeben wird. Der Einsatz im Unterricht durch die Lehrkräfte ist gemessen an der vorhandenen Infrastruktur dürftig. In der Präsentation der Studie hieß es wörtlich zu Österreich: „Very well equipped, very little use!“ Hier besteht also Nachholbedarf. Aber die Voraussetzungen sind vorhanden.

Neue pädagogische Konzepte?

Um neue Medien effektiv in den Unterricht integrieren zu können, bedarf es neuer pädagogischer Konzepte. Die Recherche von Inhalten kann über die vorhandenen Geräte mit einer stabilen Internetverbindung erfolgen. Auf diese Weise werden Echtzeitdaten in den Unterricht integriert. Natürlich stehen hierfür eine Reihe von Datenbanken, eTappas, OER (Open Educational Resources) oder auch Lernspiele zur Verfügung. Die Europäische Kommission fördert keine Projekte mehr, die nur noch Inhalte produzieren, denn derer sind genug vorhanden. Die Strukturierung dieser Inhalte ist auch die zentrale Motivation hinter dem Scientix-Portal gewesen.

Aber auch neue Konzepte der pädagogischen Interaktion in der Klasse werden beleuchtet. Gut, dass immer mehr Schulen den Lehrer/-innen-zentrierten Unterricht (Anm. der Red.: Frontalunterricht, bei dem die Lehrkraft an der Tafel steht) verbannen. Wenn die Integration neuer Medien in den Unterricht einen entscheidenden Vorteil hat, dann dass Schüler/-innen-zentrierter Unterricht massiv forciert werden kann. Das geht von der Eigenrecherche, über Gruppenarbeiten bis hin zu Kooperationen zwischen Alterskohorten (über ein Projekt hierfür wurde berichtet). Ein Beispiel bedarf besonderer Erwähnung: Im EU-geförderten Projekt iTEC (Innovative Technologies for an Engaging Classroom) mehrere Lernszenerien für die Zukunft entwickelt. Besonders hat der „Flipped Classroom“ den Weg in die Praxis innovativer Schulen gefunden. Die Recherche über ein Stoffgebiet erfolgt individuell zuhause, Fragestellungen, Gruppenarbeiten und Projekte darüber in der Schulstunde.

Warum e-Learning heute erfolgreicher sein wird!

In meinen Interviews mit Hermann Morgenbesser (BG/BRG Klosterneuburg) haben wir darüber gesprochen, was für eine erfolgreiche Implementierung von digitalen Medien im Unterricht heute spricht. Einerseits sind die Geräte schlichtweg besser und einfacher in der Handhabung geworden, andererseits hat sich der Speicherungsprozess erheblich verändert bzw. vereinfacht. Mussten die Lehrer/-innen den Schüler/-innen zu Beginn der digitalen Revolution in Schulen noch genau erklären, wohin sie Dokumente zu speichern haben, genügt heute die schlichte Aufforderung abzuspeichern. Das macht erarbeitete Inhalte leichter verfügbar. Außerdem - und dieser Punkt darf nicht übersehen werden - avancierten die mobilen Geräte zu Statussymbolen und sehen sexy aus. Sie werden gerne verwendet und diese Motivation kann pädagogisch umgesetzt werden.

Eingeschworene Gemeinde?

Die e-Learning-Community in Österreich - ich persönlich beobachte sie seit 2009 genau - hat sich personell allerdings kaum verändert. Ich vernehme mit Wohlwollen, dass immer mehr junge Lehrer/-innen neue Medien einsetzen, doch darf hinterfragt werden, warum während der üblichen Veranstaltungen (eLearningConference in Eisenstadt, BildungOnline in Hall in Tirol und Interpädagogica) stets die gleichen Gesichter zu sehen sind. Darüber kann nur spekuliert werden.

Fazit:

Es bewegt sich etwas. Das Potenzial ist enorm und gerade unter den Eltern herrscht eine Aufbruchsstimmung. Viele vermuten zurecht, dass nicht mehr jene vermittelten Inhalte für ihre Jüngsten relevant sind, wie noch für sie selbst. Irgendwie hat es die Schule „geschafft“, trotz gesellschaftlicher Veränderungen wenig Veränderung zuzulassen. e-Learning und die Integration digitaler Medien haben die Türe zu einer modernen Gesellschaft ein Stück weit geöffnet. Durch diese hindurchzugehen, ist allerdings eine pädagogische Herausforderung, der sich alle Beteiligten stellen müssen. Wenn wir tatsächlich unseren Kindern digitale Kompetenzen beibringen wollen, müssen wir Willens sein, nicht vertrautes, pädagogisches Gebiet zu betreten …