61. Bildung bei der Wahl ein Thema?

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Quelle: http://www.m-media.or.at/politik/migrantinnen-in-politischen-parteien/2008/11/05/

Vielleicht spielt angesichts der aktuellen Entwicklungen das Bildungsthema nicht die zentrale Rolle in den Landtagswahlkämpfen. Es lohnt dennoch, einen Blick auf die jeweiligen Bildungspositionen zu werfen - auf die Unterschiede und vielleicht Gemeinsamkeiten. Vielleicht darf am Ende des Tages die Frage beantwortet werden, warum eine zielführende Bildungsreform noch immer ausbleibt. Aus Gründen der Einfachheit und weil nicht alle LeserInnen in einem Bundesland wohnen, dienen zur Analyse die Positionen der jeweiligen Bundespartei. Es wäre auch bei der Größe Österreichs sinnbefreit, neun verschiedene Positionen innerhalb einer Partei zu haben!


Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) (https://spoe.at/positionen-beste-bildung-fuer-alle): Als effektivstes und erfolgreichstes Bildungssystem für SchülerInnen wird die Gesamtschule - ähnlich der skandinavischen Länder - als ultimatives Ziel formuliert. Den Weg dorthin sehen auch die Sozialdemokraten in mehreren kleinen Schritten. AHSen und Hauptschulen können sich nach und nach zu Neuen Mittelschulen aufwerten lassen und die Ganztagsbetreuung spielt ebenso eine zentrale Rolle, wie der verschränkte Unterricht, um vorrangig die Eltern und SchülerInnen zu entlasten. Die Qualitätssicherung erfolgt über die bereits eingeführten Bildungsstandards. 

Kommentar der „Innovationsschule“: —> So weit so gut! Allerdings fehlt eine pädagogische Darstellung, wie die Schule der Zukunft aussehen soll - einfach und pointiert. Sieht nach einer Modifikation des Status Quo aus! 


Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) (http://www.oevp.at/themen/Bildung-und-Wissenschaft.psp): Dass unsere Kinder bestmöglich ausgebildet werden sollen, ist auch für die Volkspartei logisch. Ihrer Position nach bleibt das Gymnasium in der aktuellen Form, um Wahlfreiheit im Bildungssystem zu gewährleisten, erhalten und man schmückt sich mit der Feststellung, die Ganztagsschule (verschränkter Unterricht) verhindert zu haben. 

Kommentar der „Innovationsschule“: —> Auch hier fehlt die pädagogische Darstellung, wie die Schule der Zukunft aussehen bzw. in welche Gesellschaft sie eingebettet werden soll. Etwas mehr Weitblick dürfte es dann schon sein. Der Nimbus der „Verhinderer“ kommt nicht von ungefähr, steht dieses Wort sogar in der Position zur Bildung! 


Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) (http://www.fpoe.at/themen/wahlprogramm-2015/echte-bildung-statt-ideologischer-experimente-und-buerokratie/): Die zentrale Forderung der Freiheitlichen sind ausreichende Deutschkenntnisse, zumal diese Ausgrenzung verhindern. Bildungspolitische Veränderungen werden als ideologische Experimente dargestellt und man fordert neben Deutsch als Pausensprache die Abschaffung der Zentralmatura. 

Kommentar der „Innovationsschule“: Durchdacht scheint da wenig zu sein! Deutsch als Pausensprache verhindert multikulturelle Kommunikation, ideologische Experimente sind bestenfalls als Experimente außerhalb der freiheitlichen Ideologie zu sehen. Zu guter Letzt: Es fehlt die bildungspolitisch, pädagogisch fundierte Position, wobei ein Verharren im Status Quo herrscht und einzig der Wienbezug durch die Verschlankung des Wiener Stadtschulrats ist vorhanden. Bildungspolitik sieht eigentlich anders aus wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht! 


Die Grünen (Grüne) (https://www.gruene.at/themen/bildung-wissenschaft/mehr-freiheit-fuer-schulen): Die Kernforderung der Grünen ist eine wirkliche Autonomie der Schulen mit freier Entscheidung in Bezug auf die Klassenzusammensetzung, die LehrerInnen-Auswahl, die Unterrichtsform, die Schwerpunktsetzung und das „Teamteaching“. Auch wird explizit die Projektzusammenarbeit zwischen den SchülerInnen betont und die Tatsache, dass 50-Minuten-Einheiten gerade bei fächerübergreifenden Themen, die forciert werden sollen, nicht immer sinnvoll erscheinen. Auch sehen die Grünen Chancengleichheit nur gegeben, wenn tatsächlich der freie Zugang zur Hochschulbildung und die Vergleichbarkeit der Schulbildung vorhanden ist. 

Kommentar der „Innovationsschule“: Letztlich fehlt auch hier Eingangs eine klare Beschreibung, wie die Schule der Zukunft pädagogisch aussehen sollte. Allerdings lassen die Konzepte für eine Verbesserung der Bildung erkennen, wohin die Reise gehen soll. Teamteaching, Projektarbeit, tatsächliche Schulautonomie, freiere Gestaltung des Unterrichts und Absicherung durch die Bildungsstandards gehen in der Konzeption am weitesten. Doch erst wenn - wie gefordert - der budgetäre Lückenschluss zwischen Bildung und Forschung gelingt, greifen etwaige Reformen ineinander. 


Die Neos (Neos) (https://neos.eu/wp-content/uploads/2014/07/NEOS_Positionspapier_Bildung.pdf): Der 12-Punkte-Plan der Neos für die Bildung kann unter den Begriffen Autonomie, Chancengleichheit und Talentförderung zusammengefasst werden. Positiv ist die Darstellung einer Bildungsvision zu nennen. Die Abkehr von der Defizitorientierung ist pädagogisch höchst sinnvoll, die Erkenntnis, dass die DirektorInnen Profis in ihrem Gebiet sind - bei der Auswahl der LehrerInnen, der Unterrichtsform und der sozialen Zusammensetzungen - absolut sinnvoll. 

Kommentar der „Innovationsschule“: Die Oppositionsparteien Neos und Grüne ergänzen einander programmatisch im Bildungsbereich und gehen jenen Weg, den die skandinavischen Länder in Bezug auf die Autonomie und Talentförderung bereits vor langer Zeit beschritten haben. Allerdings kostet diese Reform - gleichsam jener der Grünen - deutlich mehr Geld. 


Zusammenfassung: Beim Blick auf die Positionen im Bildungsbereich wird deutlich, warum bisher nicht entsprechend reformiert wurde. Obwohl alle Parteien behaupten, das Interesse am Kind stünde im Vordergrund, divergieren die Positionen doch erheblich. Grundsätzlich kann zwischen konservativen und reformierenden Kräften unterschieden werden, wobei die Frage der gesellschaftlichen Entwicklung fehlt und ideologische Glaubenssätze dominieren. Für die WählerInnen ist daher entscheidend, welches gesellschaftliche Bild verfolgt wird. Danach können etwaige Positionen abgeleitet und bezogen werden. Eines dürfte aus pädagogischer und realpolitischer Sicht klar sein: der Status Quo ist kontraproduktiv …