Noch immer keine Einigung

Übereinkommen
Quelle: https://static.pexels.com/photos/48195/document-agreement-documents-sign-48195.jpeg 15.06.17

Es wirkt wie die unendliche Geschichte. Nachdem in Fragen des Schulrechts sehr oft eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, verhandeln die Regierungsparteien gerade mit den Grünen, um das Autonomiepaket für Schulen zu beschließen. Dass es nun dauert, die Grünen an Board zu holen, verwundert nicht, konnten sich die Regierungsparteien in vier Jahren erst vor Kurzem auf einen Kompromiss einigen. Es hakt noch an mehreren Ecken und Enden und manchmal ist die Kontrolle durch die Opposition zur Vermeidung von Fehlbeschlüssen notwendig.

Zweidrittelmehrheit, aber woher?

Um den kompromittierten Entwurf einer Schulreform, die nun Schulautonomie heißt, auf den Weg zu bringen, brauchen die Regierungsparteien entweder die Grünen oder die FPÖ, um die notwendige Mehrheit im Parlament zu erzielen. Die FPÖ möchte sich aus wahltaktischen Gründen nicht mehr mit der Regierung in ein Boot setzen, weshalb auf die Grünen gezählt wird. In Bildungsfragen ist die Expertise ohnehin dort zu vermuten.

Doch um hier einen verwertbaren Erfolg zu verbuchen, müssen auch Detailfragen geklärt werden. So versuchen die Grünen in ihrer Bildungspolitik tatsächlich, „Schule“ neu zu denken. Es verwundert daher nicht, dass man dem politischen Wunsch aus Vorarlberg - wohlgemerkt von der regionalen ÖVP kommend - entsprechen möchte.

Streitpunkt Modellregion

Die Grünen wollten von Beginn an dem Wunsch der Vorarlberger Regionalpolitik nachkommen und das gesamte Bundesland im Zuge eines Schulversuchs zu einer Modellregion machen. Sowohl bei der Zahl der betroffenen SchülerInnen, als auch der involvierten Schulen wäre ein Schulversuch möglich. Es galt daher die Bestimmung zu lockern, dass niemals ein gesamtes Bundesland einen Schulversuch durchführen dürfe.

zwei Menschen streiten
Quelle: https://pixabay.com/de/streiten-weiblich-männlich-mann-1296392/ 15.06.2017

Führende VertreterInnen der Regionalpolitik aus Vorarlberg möchten eine gemeinsame Schule der 6 bis 14-Jährigen umsetzen. Dass die Bundes-ÖVP gegen dieses Vorhaben Vorbehalte hat, liegt an der tiefen Verwurzelung der ÖVP in der AHS-LehrerInnen-Gewerkschaft. Dem Kompromissvorschlag der Regierung folgend, müssten mindestens 50 Prozent der Eltern der betroffenen AHS-Schulen zustimmen.

Doch was ist mit jenen Eltern, deren Kinder erst in zwei Jahren das schulpflichtige Alter erreichen? Was ist mit den anderen Stakeholdern, zum Beispiel den anderen Schultypen oder den Kindergärten, welche die Kinder vorbereiten? Sollen nur Eltern der aktuellen SchülerInnen über die Zukunft der anderen Kinder entscheiden dürfen? Wirklich ernst gemeint scheint dieser Kompromiss nicht zu sein, denn er würde den Status Quo vermutlich nur zementieren.

Bildung ist Gemeininteresse

Dieser Kompromiss dürfte daher scheitern. Natürlich sprechen sich die aktuellen Gymnasien für den Kompromissvorschlag der Regierung aus, zumal mit den SchülerInnen-Zahlen auch Gelder verbunden sind. Die AHS blieben de facto bestehen. Doch um die Wahrung von Einzelinteressen geht es nicht. Wenn das Modell der - dieser Begriff ist problematisch, aber nennen wir es - Gesamtschule andernorts besser als das gegenwärtige funktioniert, entsteht für die Politik fast die Pflicht, umzustellen.

Jetzt kommt das Gegenargument der ReformgegnerInnen, die sagen, man könne Modelle aus anderen Ländern nicht nach Österreich importieren, weil die Voraussetzungen hier andere sind. Aber: Jedes Land, das von einer - pädagogisch gesehen - zu frühen Teilung der Kinder auf ein gesamtschulähnliches Modell umstellt, profitiert. Die Kosten sinken enorm (die Langform der AHS ist das teuerste Schulsystem der Welt, wie uns die OECD-Berichte nahelegen; Anm.) und die SchülerInnen zeigen nach ein paar Jahren deutlich bessere Ergebnisse in internationalen Tests.

Man spricht vom Wettstreit verschiedener Konzepte (Harald Mahrer, ÖVP; Anm.) und hat die internationalen Ergebnisse vorliegen. Ein ernsthafter Versuch ist in Österreich bisher nicht durchgeführt worden und nein, die gemeinsame Schule der 10 bis 14-Jährigen ist zwar eine nette Idee, führt aber am Konzept vorbei.

Wenn die Opposition die Reformen vorantreibt

Pfeil der Veränderung
Quelle: https://pixabay.com/de/pfeil-veränderung-start-neuanfang-945270/ 15.07.2017

Das Ansinnen Vorarlbergs ist legitim. Ich bin froh, dass die Opposition (in diesem Fall die Grünen) während eines parlamentarischen Prozesses auf das Gaspedal der Reformen drücken möchte, während die BewahrerInnen nach zusätzlichen Bremsschirmen suchen. Würde die vorliegende Reform so verabschiedet werden, würde wieder jahrelang nichts passieren. Es käme der Verweis der arrivierten Parteien, dass man ohnehin gerade eine sehr große Bildungsreform verabschiedet hätte und, dass die Resultate erst abgewartet werden müssten. Und wir blieben wieder stehen ...